Pflichten des Vermieters


Sie haben sich als Nachmieter für eine 3.5 Zimmer Wohnung beworben, die Wohnung besichtigt und den Zuschlag erhalten. Beim Einzug stellen Sie fest, dass die Wände zwar überwiegend sauber sind, aber doch einige Flecken aufweisen. Ausserdem gibt es im Parkett einige Kratzer. Sie erwarten von Ihrem neuen Vermieter, dass er die Wohnung streicht und das Parkett abschleift und neu versiegelt. Ihr Vermieter lehnt dies ab. Wer hat Recht?


Der Vermieter muss das Mietobjekt zum vereinbarten Mietbeginn "in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand" übergeben.  Während des Mietverhältnisses hat der Vermieter diesen gebrauchstauglichen Zustand zu erhalten durch Unterhalts- und Reparaturarbeiten, sofern notwendig.

 

Was heisst "zum vorausgesetzten Gebrauch tauglich"?

Entscheidend ist zunächst der Gebrauchszweck des Mietobjekts: z.B. als Wohnung für x Personen, als Lager, als Hobbyraum, zum Personen- oder Lastentransport, als Geschäftslokal für ein bestimmtes Gewerbe. Aus diesem Gebrauchszweck leitet sich der ortsübliche Anspruch ab, ob ein Objekt dafür brauchbar ist.

Was der Mieter vernünftigerweise erwarten darf, ergibt sich auch aus der vorgängigen Besichtigung des Mietobjekts sowie gegebenenfalls darauf basierender Zusicherungen des Vermieters oder Vereinbarungen im Mietvertrag. In unserem Beispiel wurde die Wohnung besichtigt und der Mietvertrag vorbehaltlos abgeschlossen. Die genannten Abnutzungsspuren beeinflussen die Tauglichkeit des Objekts zum Wohnen nicht.

 

Der Mietvertrag wurde auf den ersten des Monats abgeschlossen. Nun stellt sich jedoch heraus, dass der Vormieter nicht ausgezogen ist oder vereinbarte Umbauarbeiten in der Wohnung noch nicht abgeschlossen sind. Was ergibt sich daraus für Mieter und Vermieter?

 

Wird die Mietsache vom Vermieter gar nicht oder mit Verspätung übergeben, so hat der Mieter dem Mietrecht übergeordnete Rechtsbehelfe gemäss Art. 107 bis 109 OR. Er kann dem Vermieter eine Frist zur nachträglichen Erfüllung setzen und bei erfolglosem Ablauf

  • am Mietvertrag festhalten und Ersatz des Verzugsschadens verlangen (z.B. Kosten für Möbeleinlagerung sowie Ersatzunterkunft)
  • auf die Erfüllung verzichten und Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen
  • auf die Erfüllung verzichten und vom Vertrag zurücktreten

Vorgenannte Rechte hat der Mieter im übrigen auch bei Vorliegen erheblicher Mängel bei Übergabe des Mietobjekts. Ein schwerer Mangel ist zum Beispiel eine nicht funktionsfähige Heizung im Winter.

 

Andere Mängel bei Übergabe des Mietobjekts, welche die Gebrauchstauglichkeit zwar vermindern aber nicht erheblich beeinträchtigen, oder auch Mängel, die erst während des Mietverhältnisses auftreten, sind nach Art. 259a OR zu behandeln. Gleiches gilt für Mängel, die während des Mietverhältnisses entstehen.

 

Sie wohnen bereits zwei Jahre im Mietobjekt. Plötzlich fällt der Geschirrspüler aus. Ausserdem funktioniert die Lampe im Backofen seit zwei Wochen nicht mehr und der Duschschlauch hat ein kleines Leck. Wer ist für die Beseitigung dieser Mängel zuständig?

 

Der Geschirrspüler ist als Bestandteil der Wohnung mitvermietet worden. Daher ist auch der Vermieter für den Erhalt der Gebrauchstauglichkeit zuständig. Er muss also die Reparatur veranlassen und auch voll bezahlen, sofern kein Mieterverschulden vorliegt.

 

Anders sieht es mit dem Ersatz einer Glühlampe oder eines Duschschlauches aus. Diese Leistungen gehören zum sogenannten "kleinen Unterhalt", für welchen der Mieter selbst zuständig ist. Spätestens bei Mietende müssen diese Kleinteile also durch den Mieter ersetzt worden sein. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Nachmieter bei Wohnungsübergabe Anspruch darauf hat, dass diese Teile funktionieren. Denn der Vermieter hat das Mietobjekt ja in einem gebrauchstauglichen Zustand zu übergeben.

 

Sie haben erfahren, dass ein Farbanstrich nach acht Jahren abgeschrieben ist. Muss der Vermieter nun einen Neuanstrich veranlassen?

 

Solange sich die Wohnung in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand befindet, muss der Vermieter keinen Neuanstrich veranlassen, auch wenn  die Einrichtungen bereits "abgeschrieben" sind. Die Paritätische Lebensdauertabelle, welche vom Hauseigentümerverband und vom Mieterverband gemeinsam erarbeitet wurde, dient in erster Linie der Haftungsbeschränkung der Mieterschaft bei Auszug aus der Wohnung. Übermässige Abnutzung ist demnach vom Mieter zum Zeitwert zu erstatten, es sei denn, die Einrichtung hat ihre "Lebensdauer" gemäss vorgenannter Tabelle bereits erreicht.

Auf keinen Fall löst das Erreichen der Lebensdauer einer Einrichtung jedoch eine Verpflichtung des Vermieters aus, diese zu ersetzen. So gibt es zum Beispiel zehntausende Wohnungen mit Kücheneinrichtungen die älter als 20, 30 oder sogar 40 Jahre sind. Entscheidend bleibt die Gebrauchstauglichkeit, die der Vermieter im Falle von Mängeln zu gewährleisten hat.

 

Kann die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts vertraglich eingeschränkt werden?

 

Laut Gesetztestext sind abweichende Änderungen zum Nachteil des Mieters nichtig. Soll ein Mietobjekt also mit einer eingeschränkten Gebrauchstauglichkeit übergeben werden (z.B. Rohbaumiete bei Geschäftsliegenschaften oder Einschränkungen einer Wohnung, welche im Hinblick auf eine bevorstehende Sanierung hingenommen werden müssen), dann muss dies bei der Festlegung des Mietzinses berücksichtigt werden.

Eine "Änderung zum Nachteil des Mieters" ist also dann nicht mehr zu seinem Nachteil, wenn eine Einigung gefunden wird, die die Einschränkung ausgleicht (Mietzinsgestaltung). Entsprechend enthalten manche Wohnungsmietverträge eine Zusatzvereinbarung, welche festhält, dass gewisse Einschränkungen beiden Parteien bewusst und mit der Höhe des Mietzinses abgegolten sind.

 

Welche weiteren Pflichten hat der Vermieter laut nebenstehenden Gesetztestexten?

 

Auskunftspflicht: Auf Verlangen des Mieters muss der Vermieter sowohl das Rückgabeprotokoll als auch den Mietzins des vorangegangenen Mietverhältnisses offenlegen. Einige Kantone gehen noch weiter und machen die Mitteilung des letzten Mietzinses auf einem Amtlichen Formular zur Plicht des Vermieters, also auch ohne Auskunftsersuchen des Mieters.

 

Pflicht zur Tragung der Lasten und Abgaben: Dazu gehören Grundsteuern, Gebäudeversicherungsbeiträge und Anschlussgebühren.

Zugrunde liegende Artikel des Schweizerischen Obligationenrechts


Art. 256 OR

D. Pflichten des Vermieters

 

I. Im Allgemeinen1 Der Vermieter ist verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten.

2 Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind nichtig, wenn sie enthalten sind in:

a. vorformulierten allgemeinen Geschäftsbedingungen;

b. Mietverträgen über Wohn- oder Geschäftsräume.

 

 

Art. 256a

II. Auskunftspflicht

 

1 Ist bei Beendigung des vorangegangenen Mietverhältnisses ein Rückgabeprotokoll erstellt worden, so muss der Vermieter es dem neuen Mieter auf dessen Verlangen bei der Übergabe der Sache zur Einsicht vorlegen.

2 Ebenso kann der Mieter verlangen, dass ihm die Höhe des Mietzinses des vorangegangenen Mietverhältnisses mitgeteilt wird.

 

Art. 256b

III. Abgaben und Lasten

 

Der Vermieter trägt die mit der Sache verbundenen Lasten und öffentlichen Abgaben.

 

---------------------------------------

 

Art. 107

4. Rücktritt und Schadenersatz

a. Unter Fristansetzung

 

1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.

2 Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.

 

Art. 108

b. Ohne Fristansetzung

 

Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:

  1. wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
  2. wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
  3. wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.

 

Art. 109

c. Wirkung des Rücktritts

 

1 Wer vom Vertrage zurücktritt, kann die versprochene Gegenleistung verweigern und das Geleistete zurückfordern.

2 Überdies hat er Anspruch auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens, sofern der Schuldner nicht nachweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.