Schlüsselverlust


Würden Sie in eine Wohnung ziehen wenn Sie wüssten, Ihr Vormieter hat 1 oder 2 Schlüssel verloren / verlegt, ohne dass die Verwaltung die betroffenen Schliesszylinder austauschen wird? 

 

Den meisten wäre diese Situation wohl zu riskant. In den "eigenen vier Wänden" will man sich einfach sicher fühlen. Nur eine "saubere" Schliessanlage erfüllt diesen Anspruch. Daher steht in den meisten Mietverträgen, dass der Vermieter bei einem Schlüsselverlust die betroffenen Schlösser oder sogar die Schliessanlage auf Kosten des Mieters ersetzen kann oder wird.

 

Ein Schlüsselverlust ist daher für den Mieter meistens eine teure Angelegenheit. Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist der Mieter für die entstehenden Kosten schadenersatzpflichtig?

 

Grundlage der Schadenersatzpflicht (siehe untenstehende Gesetze):

 Eine Verpflichtung der Mietpartei gegenüber dem Vermieter, auch "Obligation" genannt, entsteht sowohl durch "Vertrag" als auch durch "unerlaubte Handlung", wozu die fahrlässige Verursachung eines Schadens zählt. In der Gestaltung eines Mietvertrages sind die beteiligten Parteien im Rahmen der Gesetze frei. Das heisst, eine Verpflichtung zum Zylinderersatz  oder dem Austausch der Schliessanlage  in den Mietvertragsbedingungen darf vereinbart werden und ist dann auch bindend.

 

Eine Frage der Verhältnismässigkeit

Die Obligation zum kostenpflichtigen Zylinderaustausch ist in den meisten Verträgen so formuliert, dass der Vermieter die Entscheidung trifft. Warum?

 

1. Es gibt auch Gebäude mit nichtregistrierten Schliesszylindern (Z.B. KABA 8), deren Schlüssel man an jeder Strassenecke nachmachen kann. In diesem Fall wäre ein Austausch der gesamten Schliessanlage des Gebäudes unverhältnismässig. Lediglich der Wohnungszylinder müsste ausgetauscht werden.

 

2. Wenn der fehlende Schlüssel nachweislich nicht mehr missbräuchlich verwendet werden kann, wird man auf den Zylinderaustausch ebenfalls verzichten. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Schlüssel im Rasenmäher geschreddert wurde und die Einzelteile vorgelegt werden können.

 

3. Unterschiedliche Auffassungen gibt es bei Diebstahl des Schlüssels im Ausland. Einige Versicherungen stellen sich gern auf den Standpunkt, dass ein Missbrauch unwahrscheinlich und daher ein Austausch des Schliesszylinders unverhältnismässig ist. Was, wenn der Eigentümer der Liegenschaft anderer Meinung ist?

 

Muss der Mieter nur dann zahlen, wenn seine Haftpflichtversicherung zahlt?

Der Vermieter hat einen Mietvertrag mit seinem Mieter, nicht mit dessen Versicherung. Bindend sind daher die Vereinbarungen im Mietvertrag. Der Vermieter muss auch das Sicherheitsbedürfnis der nachfolgenden Mieter dieser Wohnung sowie der Hausgemeinschaft insgesamt berücksichtigen (geschützter Zugang zum Haus und den allgemeinen Räumen).

Da die Argumentation "Ausland = Gefahr gebannt" häufig publiziert wurde, mag manch ein Betroffener geneigt sein, den Verlust im Ausland als Schutzbehauptung aufzustellen, auch wenn der Schlüssel vielleicht im eigenen Quartier verloren ging. Wenn der Mieter nicht beweisen kann, dass keine Rückschlüsse auf die Wohnadresse mehr möglich sind, wiegen die Sicherheitsinteressen des Vermieters und der Hausgemeinschaft höher. Ein Zylinderaustausch zu Lasten des Mieters ist dann zu akzeptieren.

 

Ist der Mieter auch dann schadenersatzpflichtig, wenn ihm der Schlüssel unverschuldet gestohlen wurde?

In diesem Fall entsteht die Verpflichtung nicht aus dem Haftungsrecht (Obligation aufgrund fahrlässigem Verursachens eines Schadens), sondern ausschliesslich aus dem Vertragsrecht (Obligation durch Vertrag).  Wie erwähnt, verpflichten die meisten Mietverträge den Mieter zum Schliesszylinderaustausch bei Schlüsselverlust.

Die Nachweispflicht, dass der Diebstahl nicht durch eigene Fahrlässigkeit begünstigt wurde, trägt der Mieter (Exkulpationsbeweis). In diesem Fall wird eventuell die Hausrat- statt der Haftpflichtversicherung des Mieters zahlen.

 

Warten bis zum Auszug? 

Als betroffener Mieter hofft man eventuell, dass der Schlüssel noch gefunden wird. Oder man fürchtet im Laufe des Mietverhältnisses noch einen weiteren Schlüssel zu verlieren. Eventuell entschliesst man sich daher, erst bei Wohnungsrückgabe über die Anzahl der Schlüssel und die daraus resultierenden Folgen abzurechnen.

 

Was spricht gegen eine solche Verzögerung?

1. Im Falle einer registrierten Schliessanlage sind letztlich alle Bewohner des Gebäudes betroffen. Unsichere Zugänge sind ein Mangel und der "fehlbare" Mieter, welcher Kenntnis von diesem Sicherheitsrisiko hat, ist verpflichtet, dieses dem Vermieter zu melden.

2. Eigene Sicherheitsbedenken: Wenn es zu einem unberechtigten Zutritt zur eigenen Wohnung kommt, wird die Hausratversicherung zunächst prüfen, ob noch alle Schlüssel laut Wohnungsübergabeprotokoll vorhanden sind. Kann der Mieter fahrlässiges Verhalten bezüglich seiner Schlüssel nicht ausschliessen, riskiert er die Versicherungsdeckung.

3. Zu den Pflichten des Versicherten gehört es, ein Schadenereignis zeitnah zu melden und nicht erst nach Jahren.

Zugrunde liegende Artikel des Schweizerischen Obligationenrechts


Art. 1 OR

A Abschluss des Vertrages

 

1 Zum Abschluss eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.

2 Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.

 

Art. 19 OR

E Inhalt des Vertrages

I Bestimmung des Inhalts

 

1 Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.

 

 

Allgemeine Bedingungen zum Mietvertrag für Wohnräume, HEV Zürich, Ausgabe 2007 (als Bestandteil der meisten Mietverträge):

 

Bei einem Schlüsselverlust ist der Vermieter berechtigt, die betreffenden Schlösser und Schlüssel auf Kosten des Mieters ersetzen oder abändern zu lassen. Bei geschütztem Schliessplan kann auch die Schliessanlage des Gebäudes auf Kosten des Mieters ersetzt werden.

 

 

Art. 41 OR

A Haftung im Allgemeinen

I Voraussetzungen der Haftung

 

1 Wer einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.